Weinbegegnungen Mosel

Es klingelt an der Haustür. Meine Frau öffnet und blickt in das Gesicht eines etwa 60-jährigen Mannes. Er stellt sich kurz als Winzer von der Mosel vor. Der Mann aus Lieser an der Mittelmosel wollte zwei Flaschen Wein zu Probe abgeben. Er hatte gehört, dass ich mich mit Wein beschäftigen würde. Wenn die Weine mir gefallen, solle ich ihn anrufen.

Der Auftrag für den Abend war also klar, Weine verkosten! Auch wenn das Flaschenetikett etwas bieder wirkte, traf dies auf den Riesling und Weißburgunder in der Flasche überhaupt nicht zu. Ich war angenehm überrascht von der Frische und Fruchtigkeit. Diese beiden entsprachen so gar nicht meinem „Bild“ eines typischen Moselaners.

Natürlich rief ich den Winzer Hermann-Josef Botzet kurz darauf an und wir vereinbarten einen Besuch vor Ort. Also fuhr ich mit meiner Frau ein paar Wochen später in eines der ältesten Weinanbaugebiete Deutschlands. Die Römer brachten einst den Wein hierher, davon zeugen auch noch alte Kelteranlagen aus dieser Zeit.

Schon auf der Anfahrt zu dem Bioweingut Hubertushof, schweifte unser Blick immer wieder auf die zum Teil sehr steilen Weinberge entlang der Mosel.

In den nächsten Tagen folgten dann auch Wanderungen zwischen Bernkastel-Kues und Traben-Trabach oder durch den Ürziger Würzgarten. Dabei wurde mir nochmal bewusster wie anstrengend der Weinanbau in den Steillagen ist, denn wir kamen schon beim einfach wandern gehörig ins schwitzen. Dazu kommen die hier verbreiteten Schieferböden, die nicht nur die Sonnenwärme speichern und reflektieren, sondern auch die Arbeit des Winzers erschweren.

Rieslingweine aus diesem Gebiet, die auf Devon-Schiefer und Tonschiefer wachsen, sind auf der ganzen Welt geschätzt. Die Wurzeln der Reben dringen mehrere Meter tief in die Böden ein, um sich mit Mineralien und Wasser zu versorgen. Riesling ist mit Abstand die wichtigste Rebsorte an der Mosel. Auf der ca. 8700 ha großen Weinbaufläche, wächst auf über 60% die vielleicht beste Weißweinrebsorte überhaupt. Der spät reifende Riesling findet hier hier ideale Anbaubedingungen. In dem von Weißwein (ca. 90 %) dominierten Anbaugebiet, wachsen neben Weißburgunder, Elbling und Müller-Thurgau, auch hervorragende Spätburgunder.

Nach einer Führung über das Weingut und Verkostung weiterer toller Weine, war für uns klar, mit dieser Winzerfamilie möchten wir zukünftig gerne Zusammenarbeiten. Das allerdings aus der flüchtigen Bekanntschaft an der Haustür, eine mittlerweile langjährige Freundschaft entstehen würde, war so nicht absehbar.

In den vergangenen Jahren war ich nun mehrfach zu unterschiedlichsten Jahreszeiten an der Mittelmosel und durfte insbesondere dem Junior Chef, Hubert Botzet, bei allen Arbeitsschritten im Weingut über die Schulter schauen. Eines Tages meinte dieser zu mir: „Carsten, im nächsten Jahr übergebe ich dir drei Zeilen Weißburgunder und dann kannst du deinen eigenen Wein machen“. Mit dieser Art eines Winzerpraktikums, also sämtliche Arbeiten vom Rebschnitt bis zur Abfüllung, erfüllte sich ein großer Traum für mich.